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Predigtansprache (Pfarrer Jakob Stehle)
(Monatsspruch für Oktober 2005 )




(Gottesdienst)
"Vertrau ihm, Volk Gottes, zu jeder Zeit!
Schüttet euer Herz vor ihm aus!
Denn Gott ist unsere Zuflucht."
(Psalm 62,9 - Monatsspruch für Oktober 2005)
Meine lieben donauschwäbischen Landsleute, liebe Gemeinde!
In diesem Psalm öffnet David sein Herz.
In all seiner Not und Anfechtung, in all seinem Leiden weiß er von keinem anderen, der sein Leid kennt, als den lebendigen Gott:
Seine Seele ist aufgewühlt - durcheinandergeraten ist sein ganzes Leben. Er fühlt sich schutzlos und wehrlos dem Feind ausgeliefert. Um ihn herum sind Menschen, die es böse mit ihm meinen. Sie warten darauf, dass er stürzt. Sie wollen seiner habhaft werden, um ihn zu ermorden. Er vergleicht sein Leben mit einer "hängenden Wand" und einer "rissigen Mauer". Jeden Augenblick kann sie einstürzen und sein Leben unter sich begraben. Um dieses Ziel - ihn zu vernichten - zu erreichen, sind ihnen alle Mittel recht. Die Lüge wird eingesetzt und die Täuschung. Mit dem Munde sind sie freundlich und segnen, aber in ihrem Herzen fluchen sei seiner. Und das alles beeinflusst sein Denken und Fühlen. Sein Herz ist aufgewühlt wie der See im Sturm.

Um nochmals eine Erinnerung von Landsmann Martin Mayer zu zitieren - vom "Trommler in Kruschiwl":
Manche sagten zu ihm: "Michelvetter, wenn ihr 0 mal trommelt, das mr heimderfen, dan holen wir eich jedes Johr an der Apatiner Kerweih uf Apatin zum Fischpaprikasch essen".

So war trotz aller Hoffnungslosigkeit im Lager in Kruschiwl doch noch die Hoffnung auf das Eingreifen des lebendigen Gottes.

Und so stellt allem Leiden zum Trotz David sein Vertrauen auf Gott gegenüber: "Aber sei nur stille zu Gott, meine Seele, denn er ist meine Hoffnung, er ist mein Fels, meine Hilfe und mein Schutz, dass ich nicht fallen werde!" Welch ein Glaubensmut! Welch eine Hoffnung! Welch ein Trost!

Ihr Lieben,
David hat die Hilfe Gottes erfahren. Gott hat ihn bewahrt vor seinen Feinden (Philistern) und vor seinen Freunden, die ihm übel wollten (König Saul). Gott hat sein Leben bewahrt und ihn am Schluss zur Ehre gebracht. Jetzt kann er jubeln und Gott loben. Jetzt kann er auch anderen Trostworte geben, wie dieses: "Hoffet auf ihn allezeit, liebe Leute; schüttet euer Herz vor ihm aus.

David hat erfahren, dass Menschen nur Menschen sind: Sie täuschen zwar Großes vor, aber sie sind letztlich nur Staub. "Sie wiegen weniger als nichts, soviel ihrer sind!" - sagt er. Und jetzt kann er auch davor warnen, dass man ja nicht auf Gewalt oder auf Raub seine Hoffnung setze. Das ist alles vergeblich! Vergeblich ist auch, wenn man seine Hoffnung auf Reichtum setzt oder gar sein Herz daran hängt. Das ist alles vergänglich - es fällt zusammen in nichts - in einem Augenblick.

Dagegen aber rühmt David GOTT:
"Gott allein ist mächtig,
und du, HERR, bist gnädig;
denn du vergiltst einem jeden, wie er's verdient."

Liebe Geschwister,
deshalb ist der Ewige auch unsre Zuflucht "für und für" - deshalb war für die Eingekerkerten in den Vernichtungslagern Gott ihre Zuflucht.
Und ER allein ist unsere Hoffnung auch für unsere Toten! - Deshalb wurde heute Vormittag das Gedenkkreuz aufgerichtet als "unser" Hinweis auf den ewigen Gott. Das Kreuz erinnert uns an unsere Sterblichkeit und fordert uns doch zum Glauben auf. Nur so werden wir demütig auch Schritte der Versöhnung tun.

Mit der Einweihung des Gedenkkreuzes legten wir ein Bekenntnis ab: Auch heute, wo wir auf dem Friedhof und dem Ort der Massengräber standen, soll war das Kreuz ein Hinweis sein auf des ewige Leben und zugleich ein Mahnmal: zur tätigen Liebe in dieser Erdenzeit; zum Schutz des Lebens in Krieg und Frieden; zur Bitte der Versöhnung auch angesichts des Versagens und der Schuld.

Liebe Schwestern und Brüder,
Das Gedenkkreuz auf der Erinnerungsstätte in Kruschiwl soll
  • ein Zeichen der göttlichen VERSÖHNUNG sein; ein Aufruf an uns Christenmenschen verschiedenster Nationalität und Sprache;
  • ein Aufruf aber auch zum GOTTESDIENST "mit Herzen, Mund und Händen";
  • ein Aufruf zum LOB GOTES in unser neuen und er alten Heimat;
  • ein Hinausschreien der FROHEN BOTSCHAFT von der Versöhnung unter allen Völkern.

So dürfen wir auch diesen Gottesdienst feiern im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe.
Amen

Sterbegebet


Meine Tagesgebet


Jakob Stehle, Pfarrer i.R.