Mramoraker Informationsseite - ab Sept. 2017
(Texte)
Erinnerung von KLARA DEUTSCH

Wie war das mit dem Mramoraker Lager?

Liebe Landsleute, immer wieder werde ich gefragt: Wie war das mit dem "Mramoraker Lager"? Wann wurde dieses Ghetto eingerichtet? Wann wurden wieder transportiert nach Rufolfsgnad?
Hier nun ein audentischer Bericht von Klara Deutsch die das einmal geschildert hat. Im Mramoraker Bote Nr. 2-2012 wurde der ganze Bericht abgedruckt. Hier nur die Zeilen über das Lager.
Mit lieben Grüßen - Jakob Stehle ("Pfarrersvetter")

Nachdruck mit freundlicher Genehmigung von KLARA DEUTSCH
Meine Lagerzeit – Erinnerungen - 1945 - 1953

In der Nacht des 27. April 1945 schlug in Mramorak, meinem Heimatdorf, die Trommel. Es war unser Gemeindediener der immer an jeder Strassenecke trommelte, wenn er die Dorfbewohner über wichtige Dinge unterrichten musste. Die Leute sind dann zusammen gelaufen, um zu hören, was vorgefallen war oder welche Ereignisse bevorstanden.
Diesmal verkündete er Schlimmes: alle Bewohner hätten innerhalb von 10 Minuten ihre Häusers zu verlassen.
Die Schlüssel sollten nach dem Verlassen in den Haustüren stecken bleiben, und man solle sich danach im Freien versammeln.
Auch wir mussten dieser Anweisung Folge leisten.
Uns – das waren meine Mutter und meine fünf Geschwister – gab man keine Zeit, noch irgendwelche persönliche Sachen zusammen zu packen und mitzunehmen. Mein Vater konnte nicht bei uns sein, er war ja Soldat im Krieg. Wir konnten nur das retten, was wir am Leibe trugen. So standen wir da und wussten nicht, was jetzt mit uns geschehen Würde. Wir wussten nur, dass wir irgendwohin verbracht würden und vermutlich nie wieder in unser geliebtes Heimatdorf werden zurückkehren können. Ich war damals – als Älteste meiner Geschwister – gerade dreizehn Jahre alt. Ich hatte vier Schwestern und einen Bruder. Meine Schwester Christine war neun Jahre alt. Sie ist ein halbes Jahr später, am 28. Oktober 1945 – vermutlich an den Folgen einer Typhusimpfung – in Mramorak gestorben. Meine Schwester Susanne war noch keine sechs Jahre alt. Sie starb 2 Jahre später am 04.Mai 1947 im Lager Rudolfsgnad an den Folgen der Ruhr.
Wir kamen zunächst in das Lager Mramorak, wo wir in den Klassenzimmern der Schule in der Hauptstrasse sowie in anderen Häusern der Gemeinde „untergebracht“ wurden. Diese „Unterbringung“ war erbärmlich. Wir mussten dicht gedrängt in Reihen nebeneinander auf dem nur mit wenig Stroh bedeckten Fussboden liegen und hatten nicht einmal Decken, um uns zuzudecken. Nachts die Seitenlage zu wechseln war nur in Abstimmung mit denen möglich, die neben einem lagen. So beengt ging es zu. Nachts, als wir auf dem kalten Boden lagen, kamen sie dann und machten Patrouille. Drei, vier, manchmal noch mehr Partisanen mit Laternen – denn elektrisches Licht gab es nicht – schritten mit ihren Maschinengewehren und Bajonetten die Zimmer ab und verschwanden dann wieder. Wir lagen nur da, zusammengekauert und zitterten vor Angst.
Tagsüber mussten die Erwachsenen unter uns zwangsweise die verlassenen Häusers der deutschen Bevölkerung ausräumen. Dabei trugen sie alles zusammen, was sie vorfanden, Kleider, Geschirr, Möbel, Tiere, überhaupt alles, was die Leute besassen. Es ging das Gerücht um, dass alle diese Dinge nach Russland gingen. Die Russen waren ja schliesslich Titos Verbündete und Freunde(?). Sicherlich haben sich alle daran bereichert. Es kam zum Beispiel vor, dass einige der Deutschen, die zwangsweise diese Häuser räumen mussten, sich das eine oder andere Kleidungsstück selbst übergezogen hatten und dann dick „aufgeplustert“ nach getaner Arbeit ins Lager zurückkehrten. Sie hatten ja ursprünglich nur das Wenige auf dem Leib, was ihnen bei der Ausweisung aus ihren Häusern geblieben war. Sie mussten alle diese Kleidungsstücke wieder ausziehen und auf einen grossen Haufen legen.
So waren wir über sechs Monate im Lager Mramorakinterniert.Am 1.11.1945, zwei Tage, nachdem meine Schwester Christine an den Folgen der Typhusimpfung verstorben war, wurden wir, zusammen mit allen alten Leuten und Kindern, in Viehwaggons verladen. Die arbeitsfähigen Erwachsenen blieben in Mramorak. Meine Mutter, meine Schwestern Elisabeth, Susanna und Johanna sowie mein Bruder Christian und ich wurden dann im Waggontransport in das berüchtigte Hungerlager Rudolfsgnad verlegt. Wir wurden dort in ein Zimmer einquartiert, indem sich bei unserer Ankunft bereits sechsundzwanzig Personen befanden. Wir mussten auf dem nackten Fussboden liegen, der nur spärlich mit Stroh bedeckt war, und hatten nur das Tag und Nacht am Leibe, was wir beim Verlassen unseres Hauses seinerzeit am Körpers trugen. War es anfänglich ordentliche Kleidung, so waren es später und zum Schluss nur noch Lumpen und Fetzen, die an uns herunter hingen. Während der drei Jahre Lagerzeit in Rudolfsgnad haben wir weder warmes Wasser, noch Seife oder gar Waschmittel gesehen, um uns und unsere Kleidung sauber zu halten. Die Kleider zu wechseln war ebenfalls nicht möglich, denn es gab ja nichts zum Wechseln. Es hatte sich herumgesprochen, auf welchen Hausbooten Getreide lag. So warteten wir – zwei bis drei Frauen (darunter meine Tante) und ich – immer die Dunkelheit ab, um uns auf den Weg in die Häusers zu machen, um dort etwas Getreide heimlich zu stehlen, denn wir hatten Hunger. Zum Glücke fanden wir manchmal auf den Hausboeden tatsächlich Getreide, zumeist war es Mais, selten Weizen Mich nahm man mit, weil ich klein und zierlich war und gut klettern konnte. Selbst das kleinste Loch konnte mich nicht aufhalten, in das ich hineingeschoben wurde, um dann von innen die Maiskolben nach unten zu schmeissen....


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