Johann Stehle
geboren 25.08.1922
in MRAMORAK (Banat)
Die Angehörigen unserer Familie sind sog. Volksdeutsche, die im 18. Jahrhundert auf Werbung der damaligen Kaiserin Maria Theresia von Österreich-Ungarn als deutsche Volksgruppe große Teile der pannonischen Tiefebene nördlich von Belgrad besiedelten und diese als Bauern und Handwerker urbar machten.
Unser Vater, Großvater, Urgroßvater erlebte mit seinen Eltern bis 1939 eine unbeschwerte Kind-/Jugendzeit auf der „Puszta“ seiner Eltern unweit der Donau, wo er im landwirtschaftlichen Betrieb tatkräftig mithalf und sich mit seinen Schulkameraden oft zu Festen und Tanzveranstaltungen traf. Dort wurde er auch auf Juliane aufmerksam, und sie lernten sich in liebevoller Zuneigung kennen.
Aus dieser Idylle plötzlich herausgerissen, wurde er noch im jugendlichen Alter von gerade 17 Jahren zum deutschen Militär eingezogen und musste als Soldat auf dem Balkan, später in Norditalien Kriegsdienst leisten, wo er eine schwere Kriegsverletzung erlitt.
Im Februar 1941 auf „Heimaturlaub“ in Mramorak hat er dann seine geliebte Frau Juliane geheiratet, musste aber nur wenige Tage später wieder zurück in den Krieg ziehen.
Im Dezember 1944 wurde Juliane angesichts der sich abzeichneten Kriegsniederlage Deutschlands mit vielen anderen deutschen Personen von jugoslawischen Partisanen an russische Soldaten ausgeliefert, die sie dann zur Ableistung von Zwangsarbeit in die Ukraine (Donezbecken) deportierten.
Die beiden Jungverheirateten sahen sich nahezu 3 ½ Jahre nicht mehr, wussten auch nicht mehr, ob der Ehepartner noch lebte, wo er lebte und wie es ihm ging. Quälende Zeiten der Ungewissheit!
Nach Kriegsende kam Johann Stehle in US-amerikanische Kriegsgefangenschaft nach Bad Gastein (Österreich).
Die langdauernde Suche nach dem Verbleib seiner Juliane war schließlich erfolgreich. Juliane kam 1947 nach Ihrer Entlassung aus der Ukraine zu einer Bauersfamilie in Sachsen-Anhalt (damalige Russisch besetzte Zone), von dort sie auf abenteuerlichen Umwegen zu ihm nach Österreich (Land Salzburg) gelangte. 1948 kamen Reinhold und 1951 Hannelore zur Welt.
Johann Stehle arbeitete u.a. als Sprengmeister bei den Tauernkraftwerken Kaprun, später in gleicher Funktion in einem großen Steinbruchbetrieb in Vorarlberg (Österreich).
1953 siedelte die Familie nach Erbes-Büdesheim, wo Johann Stehle sich aktiv am Gemeindegeschehen aktiv beteiligte. Über 55 Jahre mit Tenorstimme im Männergesangverein fühlte er sich am wohlsten und war darüber hinaus ein sehr angesehenes und beliebtes Gemeindemitglied.
1964 hat er der Familie durch überwiegend Eigenleistung und mit begrenzten finanziellen Mitteln in Alzey ein schmuckes Eigenheim mit Garten gebaut. Das war die Krönung seines Lebenswerkes, das er unter Hintanstellung persönlicher Interessen mit viel Fleiß und Hingabe für seine Familie schuf.
Viele Jahre hat er im damaligen Panzerwerk der US-Army in Mainz gearbeitet, woran er sich immer rückblickend mit Freude erinnert hat.
Auch nach seinem Ruhestand 1987 hat er sich nicht wirklich „zur Ruhe gesetzt“, sondern hat sich immer damit beschäftigt, Dinge für Haus, Garten und Familie mit einfachen Materialien zu basteln, zu konstruieren. Hauptsache alles war schön, korrekt gemacht und nützlich zu verwenden.
Papa/Opa war ein humorvoll froher Mensch, sehr bescheiden und selbstlos, hilfsbereit und immer für andere da, wenn es etwas zu tun gab.
Nicht zuletzt seine 4 Enkel, Oliver, Sven, Carsten und Julia waren sein „Ein und Alles“.
Seine Urenkel Rieke und Hendrik durfte er noch kennenlernen, den kleinen Jannik, 9 Monate, leider nicht mehr. Da lebte er schon im Pflegeheim in seiner eigenen entrückten Welt.
Das Wohl und die Sorge um das Wohlergehen der Familie stand bei ihm immer an erster Stelle.
Die „99“ hat er am Ende seines Lebenstunnels noch leuchten sehen, dann ist sie ein paar Tage vorher doch verloschen.