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Ansprache von Pfarrer Stehle bei der Einweihung des Denkmals in Bawanischte
Samstag, 8. Sept. 2007
Vorbemerkung
Mit Herzklopfen verließen wir den Bus und gingen die 200 Meter zur neuerrichteten Gedenkstätte für unsere Toten in Bawanischte. Der erste Eindruck der vielen Kreuz war herzbewegend. Nun endlich ist es wahr geworden: Eine würdige Ruhestätte für unsere Toten!
Nach einer Begrüßung durch den Vorsitzenden der HOG-Mramorak, Peter Zimmermann, begann der Gottesdienst. Als Bibelwort hatte Pfarrer Stehle Worte aus Psalm 46 ausgesucht:
Die Ansprache (gekürzt)
"Gott ist unsre Zuversicht und Stärke, eine Hilfe, in den großen Nöten, die uns getroffen haben. Darum fürchten wir uns nicht, wenngleich die Welt unterginge und die Berge mitten ins Meer sänken; wenngleich das Meer wütetee und wallte und von seinem Ungestüm die Berge einfielen. ... Der Herr Zebaoth ist mit uns; der Gott Jakobs ist unser Schutz.“
Nach der Lesung sangen wir das Lied: "Nun danket alle Gott mit Herzen, Mund und Händen". Es ist ja eines der Lieblingslieder von uns Mramoraker.
Der Pfarrer begann seine Ansprache mit dem Ausruf: „Ja, ein Traum ist für uns Mramoraker wahrgeworden!“ Für unsere erschossenen Landsleute, die hier auf der ehemaligen Schinderwiese verscharrt wurden, ist nun eine ehrwürdige Grabstätte entstanden, verbunden mit einem Denkmal, das versehen ist durch das eine große Kreuz und die vielen kleinen Kreuze.
Dies wurde möglich im Rahmen der Versöhnung zwischen den serbischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern und den noch lebenden Landsleuten aus Mramorak. Es ist hier ein Ort geschaffen worden, der für Vergebung und Versöhnung stehen soll:
Das große Kreuz auf dem Gedenkstein ist errichtet als Ausdruck unseres christlichen Glaubens und der Hoffnung, daß Gott im Kreuz uns Menschen mit sich und miteinander versöhnt hat.
Die vielen kleinen Kreuze stehen für unsere erschossenen Landsleute - als eine bleibende Erinnerung an sie und zum Trost ihrer lieben Angehörigen, die zum Teil heute bei dieser Feier anwesend sind.
Angesichts dieser Gedenkstätte wollen wir in dem lebendigen Gott Kraft schöpfen auch für die Zukunft. Denn an niemand sonst können wir uns im Blick auf die Vergangenheit, die Gegenwart oder die Zukunft wenden, als an IHN, den lebendigen Gott, in Christus Jesus durch den Heiligen Geist.
Heute stehen im Mittelpunkt unseres Gedenkens die Männer und auch Frauen, die hier in den Wirren des Krieges im blinden Haß zusammengetrieben und erschossen wurden. Ihre Schuld war allein, daß sie Deutsche waren! Vergessen wurde dabei, daß sie Bürger und Bürgerinnen des ehemaligen Jugoslawiens waren und in friedlicher Koexistenz vor dem Krieg mit Serben und Rumänen und Ungarn zusammen wohnten und arbeiteten.
Im Kreuz Jesu ist aber Schuld "durchkreuzt". Versöhnung ist angesagt. In tiefer, persönlicher Betroffenheit, sagte unser Pfarrer: Ich bekenne es als einer, der auch durch das Leiden unserer Landsleute ging (sei es im Lager in Mramorak oder im Hungerslager in Rudolfsgnad), daß es nicht unsere Kraft und unser Verdienst war, die uns durchgebracht haben, sondern Gottes Name; nicht unser Vermögen oder gar Reichtum, sondern Gottes Ehre; nicht unser Mut sondern allein der Glaube.
Deshalb gilt auch heute noch der Mramoraker Gruß:
"Was jeder jedem sagen kann:
In Gottes Namen fang er an!
Zum "Guten Tag", kein Gruß zum Spott,
grüßt man in Mramorak mit "HELFGOTT"!
Leider mußte die Ansprache wegen des Zeitmangels (und der doch schwierigen Übersetzung ins Serbische) stark gekürzt werden.
(Pfarrer Stehle versprach, den Text im Boten abzudrucken. Und so hielt er diesen Teil seiner Gedenkansprache dann beim 50. Kirchweihtreffen in Sindelfingen. Siehe die Ausführung dort!)
Unter den vielen Grußworten seien besonders erwähnt: Der Oberbürgermeister von Kovin, der Bürgermeister von Bawanischta und der Oberbürgermeister von Horb, sowie der Bürgermeister aus Bildechingen. Der jetzige Bürgermeister von Mramorak sprach in großer Betroffenheit. Auch der evangelische Pfarrer, der von Belgrad gekommen war, sprach ein Grußwort.
Bei der Feier standen einige der Folkloregruppe und Feuerwehr aus Mramorak als Ehrenspalier auf der Gedenkstätte.
Im Anschluß forderte unser Pfarrer die anwesenden Landsleute, die einen lieben Toten hier zu beklagen haben, auf, sich an eines der 110 Kreuze zu stellen.
Dies war wohl einer der bewegensten Augenblicke der ganzen Feier.
Anmerkung:
Nach dem Bericht im Heimatbuch waren es ja 108 Personen; die beiden übrigen Kreuze stehen für alle unsere Landsleute, die noch kein Kreuz an ihrem Grab haben! Wo immer sie aber auch liegen mögen, sie ruhen in Gottes Hand.
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