[Katechismus]
Fragenbüchlein - Katechismus    (WEBSTEHLE)
In German

  

INFORMATIONEN ZUM KATECHISMUS


"Pflicht" und "Evangelische Freiheit"

Gibt es auch bei uns Evangelischen noch so etwas wie "Pflicht" oder ein "Muß"? Wir sind im allgemeinen schnell dabei hier Nein zu sagen: Wir sind frei!
Ich selber beobachte mich in den letzten Jahren, daß ich das Wort "Pflicht" oder das Wort "Du mußt!" nur unter Ängsten (vor Menschen!) ausspreche. So ist es auch bei den Geboten zu beobachten, man redet von den "Zehn Freiheiten".
Auch in der neuen Rahmenordnung für Konfirmanden habe ich den Eindruck, daß man sich da schwer tut (ich muß es noch genau prüfen!) Allerdings bin ich für diese Ordnung grundsätzlich dankbar: Sie zeigt deutlich, daß wir bei den Konfirmanden von heute nicht mehr davon ausgehen können, daß wir die Jungen und Mädchen "haben", wir müssen sie zuerst wieder "gewinnen". In Klartext: Die Jugendlichen sind noch nicht "im Leben der Kirche", wir müssen zuerst wieder den "Weg mit ihnen in die Kirche gehen". (Ich meine bei "Kirche" jetzt nicht nur das Gebäude sondern die Kirchengemeinschaft!).

So weit so gut, aber was ist dann Freiheit? Heißt das, daß Gott mich durch Christus befreit hat, daß ich jetzt tun und lassen darf, was ich will, was mir Freude macht, was mir nützt?
Evangelische Freiheit ist doch die "Befreiung aus den Bindungen zur Freiheit vor und für Gott und den Nächsten".
Martin Luthers Wort zur Freiheit ist hier doch immer noch gültig:
" ein freier Herr - ein Knecht"
Zum Sonntag: Ich bin durch Gott in Christus befreit, jeden Tag schuften zu müssen und ich bin freigestellt, mit IHM (dem dreieinigen Gott) und mit der christlichen Gemeinde zu "hören und zu lernen", was er mir verheißen und geboten hat! (Und das "GEBOTEN" gehört doch wohl auch dazu?).

Anmerkung: Es fällt uns nicht schwer heute von der "Pflicht des Umweltschutzes" zu reden, oder der "Pflicht des Friedenstiftens" oder der "Pflicht, den ausländischen Mitbürger anzunehmen"! - Warum fällt es so schwer von der "Pflicht" zu reden, die wir unserer christlichen Gemeinschaft gegenüber haben?

Solange wir nicht wieder dazu finden, von dieser "in Gott gewonnen Freiheit und in der Bindung an Christi Willen" zu sprechen, werden wir auch den Willen Gottes mit dem dritten Gebot nicht recht weitersagen können.
In die Praxis der Konfirmandenunterweisung gesprochen: Du bist "eingeladen", aber von Deiner Taufe her bist Du auch "verpflichtend eingeladen"!

" „Stationen auf dem Weg zur Freiheit“
(Bonhoeffer - August 1944)
Als Reaktion auf das gescheiterte Attentat und im Wissen darum, dass seine Lage immer aussichtsloser wurde, verfasste Bonhoeffer im August dieses Gedicht

Zucht
Ziehst Du aus, die Freiheit zu suchen, so lerne vor allem
Zucht der Sinne und deiner Seele, daß die Begierden
und deine Glieder dich nicht bald hierhin, bald dorthin führen.
Keusch sei dein Geist und dein Leib, gänzlich dir selbst unterworfen,
und gehorsam, das Ziel zu suchen, das ihm gesetzt ist.
Niemand erfährt das Geheimnis der Freiheit, es sei denn durch Zucht.

Tat
Nicht das Beliebige, sondern das Rechte tun und wagen,
nicht im Möglichen schweben, das Wirkliche tapfer ergreifen,
nicht in der Flucht der Gedanken, allein in der Tat ist die Freiheit.
Tritt aus ängstlichem Zögern heraus in den Sturm des Geschehens,
nur von Gottes Gebot und deinem Glauben getragen,
und die Freiheit wird deinen Geist jauchzend empfangen. "



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DOMINIO SERVIATIS
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Pfarrer i.R. Jakob Stehle - 72768 Reutlingen-Oferdingen