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Verlag Traugott Bautzwww.bautz.de/bbkl
Band II (1990)Spalten 456-457 Autor: Friedrich Wilhelm Bautz

HAFENREFFER, Matthias, Theologe, * 24.6. 1561 als Sohn eines Schultheißen und Badens in Kloster Lorch (Württemberg), † 22.10. 1619 in Tübingen. - H. besuchte die Klosterschulen in Lorch, St. Georgen und Hirschau und studierte seit 1579 in Tübingen Philosophie und Theologie. Er wurde 1581 Magister, 1583 Repetent, 1586 Diakonus in Herrenberg, 1588 Pfarrer in Ehningen, 1590 Hofprediger und Konsistorialrat in Stuttgart, 1592 Dr. theol. und Professor für Altes Testament, Dogmatik, Patristik und Mathematik in Tübingen, auch Superattendent des Theologischen Stifts, 1617 Kanzler der Universität und Propst an der Stiftskirche. - H., Schwiegersohn des schwäbischen Reformators Johannes Brenz (s. d.), ist bekannt als Vertreter der nachkonkordistischen lutherischen Orthodoxie. Mit gründlicher und vielseitiger Gelehrsamkeit verband sich bei ihm ein frommer und friedliebender Sinn. Durch seine Wirksamkeit auf Katheder und Kanzel stiftete er reichen Segen. Das bezeugen dankbare Schüler, wie Johann Valentin Andreae (s. d.) und Johann Kepler (s. d.), der H.s mathematische und naturwissenschaftliche Kenntnisse rühmend anerkennt. H. stand mit dem Astronomen Kepler, der ihm als seinem "praeceptor colendissimus" seine Schriften mitteilte, in Briefwechsel. Da Kepler die Unterschrift unter die "Konkordienformel" wegen der darin ausgesprochenen Verwerfung der reformierten Abendmahlslehre verweigerte, zog er sich das Mißtrauen bei seinen "geistigen Vätern" in Stuttgart und Tübingen zu und verscherzte sich so die von ihm innigst begehrte Professur in Tübingen. H. hielt ihm gegenüber an der Notwendigkeit der bedingungslosen Anerkennung der "Konkordienformel" fest. Von H.s theologischen Schriften haben die größte Bedeutung für die Folgezeit seine "Loci theologici" erlangt, die er auf Wunsch des Herzogs Friedrich von Württemberg zum Gebrauch des Prinzen Johann Friedrich geschrieben hat. Es ist - später wesentlich umgearbeitet und erweitert - ein dogmatisches Lehrbuch, das sich durch seine lutherische Rechtgläubigkeit wie durch Klarheit und Schärfe der Begriffe und des Ausdrucks, Einfachheit des Stils und der in Fragen und Antworten gefaßten Darstellung auszeichnet. H.s "Loci theologici" wurden 1612 durch königliches Dekret auf der Universität Uppsala und in anderen schwedischen Lehranstalten als offizielles dogmatisches Lehrbuch eingeführt. Sie verdrängten das "Compendium theologiae" des Jakob Heerbrand (s. d.), das in der württembergischen Kirche eine fast symbolische Autorität besaß, und blieben bis Ende des 17. Jahrhunderts das maßgebende dogmatische Lehrbuch. Die württembergische Prinzessin Anna Johanna übersetzte 1672 die Schrift ins Deutsche. H.s zweites Hauptwerk "Templum Ezechielis" ist eine Erklärung von Ezechiel 40-48 mit ausführlicher Beschreibung des Tempelbaus, bietet aber zugleich "meditationes de praecipuis christianae religionis capitibus" und gelehrte Untersuchungen über die alttestamentlichen Maße, Münzen und Gewichte. Es ist ein "compendium totius doctrinae evangelicae" und "isagoge" zur Erklärung der Heiligen Schrift.

Werke: Loci theologici seu compendium theologiae plane admodum, ut quivis latinae linguae gnarus intelligere possit, conscriptum, 1600 (in neuer Bearb. u. d. T.: Loci theologici certa methodo ac ratione in libros tres tributi, 1603 u. ö.); Templum Ezechielis seu in IX postrema prophetae capita commentarius, 1613; Examen u. Gg.ber. gg. die Calvin. Theologen zu Heidelberg, 1608 ff.

Lit.: Ludwig Melchior Fischlin, Memoria Theologorum Wirtembergensium resuscitata II, Ulm 1709, 8 ff. (Bibliogr.: 19 ff.); - Wilhelm Gaß, Gesch. der prot. Dogmatik I, 1854, 77 ff.; - Paul Stark, in: ZHTh NS 32, 1868, 3 ff. (z. Briefwechsel mit Kepler); - Karl Heinrich Weizsäcker, Lehrer u. Unterricht an der theol. Fak. in Tübingen, 1877, 41 ff.; - Otto Ritschl, DG des Prot. I, 1907; - Hans Emil Weber, Der Einfluß der prot. Schulphilos. auf die orthodox-luth. Dogmatik, 1908; - Martin Leube, Gesch. des Tübinger Stifts I, 1921, 28; - Heinrich Hermelink, Gesch. der ev. Kirche in Württemberg, 1949, 123 f.; - ADB X, 316 f.; - NDB VII, 460; - RE VII, 330 ff.; - EKL II, 4; - RGG III, 22.

Letzte Änderung: 23.09.2001