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September 2004 |
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Charta der Heimatvertriebenen
CHARTA DER HEIMATVERTRIEBENEN |
"Wir Heimatvertriebenen verzichten auf Rache und Vergeltung.
Dieser Entschluß ist uns ernst und heilig im Gedenken an das unendliche Leid,
welches im bsonderen das letzte Jahrzehnt über die Menschheit gebracht hat."
Dieses Gelöbnis wurde am 5.August 1950 von tausenden von Flüchtlingen
vor der Ruine des Neuen Schlosses in Stuttgart abgelegt. Damit begann
ein Prozeß, der einzigartig in der Geschichte Europas war:
Die Integration von 15 Millionen Vertriebenen (immerhin ein Drittel der
damaligen Bevölkerung schickten sich an, "durch harte, unermüdliche Arbeit"
teilzunehmen am Wiederaufbau Deutschlands, der Urheimat z.B. der Donauschwaben.
Aus "Flüchtlingen" wurden "Mitbürger"! Ohne die Heimatvertriebenen hätte es wohl
das Wirtschaftswunder (in diesem Maße!) nicht gegeben - wäre auch das Land Baden-
Württemberg nicht entstanden!
Letztes Jahr (1999) hat dies der Ministerpräsident Teufel beim Fest der Donauschwaben (50 Jahre Ortsgruppe Reutlingen)
auch mit dankbaren Worten gewürdigt.
50 Jahre danach
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Voller Text
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Hoffnung Stalins - Vorwurf des Revanchismus
Entwicklungen:
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Hinter der Vertreibung der Deutschen aus dem Osten und Südosten Europas
Stand die Hoffnung STALINS, daß die erzwungene Völkerwanderung den Staat Adenauers
zuermürben. Doch diese Rechnung ging nicht auf, ja sie verkehrte sich gerade
ins Gegenteil: Es geschah das doppelte Wunder, einerseits der Integration dieser ehemals
"fremden Deutschen" in einem zerbombten und von schwerer Schuld umgetriebenen "Rumpfstaat"
im Westen Deutschlands und andererseits des Wirtschaftswunders.
Viele der Funktionäre der kommunistischen Welt starrten wie die Kaninchen auf die
Schlange, als die Zeit die Wunden der Vertreibung zu heilen begann.
Die Politik der Ostverträge von Willy Brandt und die Anerkennung der Order-Neiße-Grenze durch Helmut Kohl zeigten dem Ostblock, daß man es mit der Aussöhnung ernst nahm.
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Wege zur Aussöhnung
Entwicklungen:
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Die Vertriebenen hatten nie davon abgelassen, für ihr "Recht auf Heimat" zu kämpfen.
Damit handelten sie sich den Vorwurf des "Revanchismus" (ein Kampfbegriff des Kommunismus)
ein. Und doch arbeiteten sie mit an der Politik der Versöhnung. Daran hat der frühe Verzicht
auf Vergeltung sicher viel beigetragen.
Bis zu den OSTVERTRÄGEN spielte auch die Hoffnung auf "Wiedervereinigung" in den
Grenzen von 1937 eine große Rolle. Im Blick darauf fanden sich viele Vertriebene
mit ihrem Schicksal ab. (Das gilt, auch wenn diese Hoffnung auf Wiedervereinigung
von Willy Brand als die "Lebenslüge der Nation" bezeichnet wurde.
Die folgende Geschichte bis hin zur Wiedervereinigung (wenn auch unter Verzicht auf
die Grenzen von 1937) strafte nun ihrerseits Willy Brand's Aussage als "Lüge des Lebens".
Geblieben ist der Verdacht vieler, daß die "Funktionäre der Vertriebenenverbände" (wie es
in der Tübinger Zeitung ausgedrückt wurde) nicht immer eine glückliche Rolle gespielt
hätten. Man wirft ihnen vor, daß die "Charta der Heimatvertriebenen" oft zum Vorwand
für Rückwärtsgewandtes Denken zitiert wurde.
Und doch haben sie gegen die Ostverträge ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts erstritten, das die Gefahr der "Anbiederung nach dem Muster der britischen Beschwichtigungspolitik von 1938" stoppte.
Ob der Vorwurf berechtigt ist, daß sie durch "rückwärtsgewandte Parolen" für ein Feindbild, (das dem Ostblock zu passen schien) die Entspannung verzögerten, wäre zu prüfen.
Die Maueröffnung von 1999 hat diesen Diskussionen ein Ende bereitet!
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