Dokumente - Franzfelder Online März 2009



Dokumente - Heimatstube (GEA-Artikel) Franzfelder Online



 
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Donauschwaben - Franzfelder eröffnen sechzig Jahre nach Flucht und Vertreibung Heimatstube in Reutlingen

Den Nachkommen zur Erinnerung
VON ELKE SCHÄLE-SCHMITT

REUTLINGEN-SONDELFINGEN. Dreißig Kilometer Luftlinie liegen sie auseinander, Neu-Pasua und Franzfeld, die beiden deutsch-evangelischen Ansiedlungen, die 1791 und 1792 nördlich von Belgrad gegründet wurden: Franzfeld links der Donau, Neu-Pasua am rechten Ufer. Kacarevo und Nova Pasova heißen die Orte in Serbien heute, und deutschstämmige Bewohner gibt es dort seit 1945, seit Flucht und Vertreibung, kaum noch.

Bild - Heimatstube

Umringt von ihren Kreationen: Resi Rödler nähte jahrzehntelang originalgetreue Franzfelder Trachten. FOTO: SCHÄLE-SCHMITT

Viele Flüchtlinge fanden damals in Reutlingen eine neue Heimat; die Stadt übernahm 1976 die Patenschaft für die beiden donauschwäbischen Gemeinden, und im alten Reutlinger Heimatmuseum gab es eine donauschwäbische Stube. Bei der Neugestaltung des Museums vor zehn Jahren wanderten die Exponate ins Depot oder kamen im »Heimatmuseum Neu-Pasua« im alten Bürgerspital unter.
Was blieb, sind Bilder

Seit der vergangenen Woche haben nun auch die Franzfelder ihre Heimatstube in Reutlingen. Unzählige alte Fotos trugen Sofie und Hans Lederer dafür in monatelanger Arbeit zusammen. »Die Bilder sind alles, was uns von unserer Heimat geblieben ist«, erklärte Dr. Michael Lieb, Vorsitzender der »Franzfelder Kulturellen Interessengemeinschaft« (FKI), bei der Eröffnung in den ehemaligen Räumen der Druckerei Schenk in Sondelfingen. »Denn anders als aus Neu-Pasua konnte man aus Franzfeld nicht mit Pferd und Wagen flüchten«, so Lieb.

Die Brücken über die Donau waren zerstört; was man mitnehmen konnte, musste in einen Rucksack passen, »in den Schnappsack, wie wir sagen«. Trotzdem gibt es in der Heimatstube nicht nur Bilder und geschichtliche Dokumente. Die beiden Räume werden sozusagen bewohnt, von etlichen lebensgroßen Puppen in Franzfelder Tracht.

Da sitzt eine alte Frau mit Strickzeug am Fenster, eine festlich herausgeputzte Braut schreitet zwischen ihren beiden Brautführern zum Altar. 33 originalgetreue Trachten hat Theresia Rödler im Lauf der Jahrzehnte genäht. Drei Schränke füllten die Westen und Blusen, Röcke und Schürzen bei ihr. Jetzt ist die Hobbyschneiderin 86 Jahre alt und froh, wie sie lachend zugibt, endlich wieder Platz in ihren Schränken zu haben.

Miteinander reden
Dr. Werner Ströbele, Leiter des Reutlinger Heimatmuseums, verwies darauf, dass hier, in dem Sondelfinger Haus, seinerzeit schon das Franzfelder Heimatbuch gedruckt wurde, und freute sich besonders, dass »die Heimatstube eine echte Stube ist, mit einem langen Tisch in der Mitte. Hier kann man zusammensitzen und Erinnerungen pflegen.« Sofie Lederer, der bei der Eröffnung nicht nur von Ströbele Dank ausgesprochen wurde, meinte denn auch, sie und ihr Mann hätten die Stube vor allem für die Nachkommen eingerichtet, und zwar »für alle Franzfelder«, wie sie betonte - eine Anspielung auf den Zwist, der jahrelang zwischen der FKI und der Heimatortsgemeinschaft Franzfeld schwelte.

Dieser Zwist sei zum Glück inzwischen beigelegt, fügte Lieb hinzu. Und Hans Krotz, seit 1961 Vorsitzender der Heimatortsgemeinschaft und mittlerweile über achtzig Jahre alt, regte gar an, sich bei den nächsten Vorstandswahlen zu einem gemeinsamen Verein zusammenzuschließen. Ein Vorschlag, der unter den Heimatstubengästen begeisterte Zustimmung fand. (GEA)
FRANZFELDER HEIMATSTUBE

Die Schauräume der Heimatstube in der Römersteinstraße 64 in Sondelfingen sind an jedem zweiten Sonntag im Monat von 13 bis 17 Uhr für Publikum geöffnet. Termine für Gruppenführungen sind jederzeit möglich und können telefonisch unter 0 71 21/ 32 92 35 vereinbart werden.
(Quelle: GEA - Reutlingen)

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