200 Jahre Franzfeld Ein kurzer Rückblick. 200
Jahre Franzfeld sind in wenigen Worten nicht zu schildern. Daher kann das
folgende nur ein unvollkommener Versuch sein, einige Punkte der äußeren
Entwicklung unserer Heimatgemeinde Franzfeld darzustellen. Wer sich näher damit
befassen will, kann im Heimatbuch zur 100-Jahrfeier von 1792, im Nachfolgebuch
von unserem früheren Lehrer Julius Roth und Jakob Metzger von 1954 und im
großen Geschichtsbuch der Franzfelder Kulturellen Interessengemeinschaft e.V.
von 1982 nachlesen. Auf diese Werke stützt sich auch die nachfolgende
Darstellung, die eine ergänzte und erweiterte Fassung eines geschichtlichen
Rückblicks ist, welchen der Verfasser bereits anläßlich der 175-Jahr-Feier der
Gemeinde Franzfeld im Jahre 1967 erstellt hat. Errichtung und Ansiedlung unserer Heimatgemeinde Franzfeld beruhen auf einer
Verfügung des Österreichischen und Deutschen Kaisers Leopold II. vom 20. Juli
1791, in Faksimile abgedruckt im Heimatbuch Franzfeld von 1982. Seitdem
die Türken 1526 die Ungarn in der Schlacht bei Mohacz besiegt und fast ganz
Ungarn erobert hatten, bildeten sie eine ständige Bedrohung der Südostflanke
Europas und des damaligen Deutschen Reiches. Die Schlacht am Kahlenberg 1683,
als die vereinigten Europäischen Armeen den Einbruch der Türken nach
Mitteleuropa kurz vor Wien erfolgreich abwehren konnten, bildete den
Wendepunkt. Durch die Siege vor allem des Prinzen Eugen von Savoyen wurden die
Türken dann bei Belgrad endgültig geschlagen und über die Donau zurückgedrängt.
Das Banat wurde gegründet und die Militärgrenze
errichtet, die künftig ab dem Frieden von Passarowitz 1718 die Donau als
Grenze zum Türkischen Reich festlegte und Mitteleuropa sowohl gegen
kriegerische Einfälle als auch gegen aus Asien eingeschleppte Seuchen sicherte.
Diese Aufgabe wurde ihr bereits mit dem "Pestpatent"
von 1710 zugewiesen. Dennoch kam es immer wieder zu kriegerischen
Auseinandersetzungen mit den Türken. Der
letzte Türkenkrieg von 1788 bis 1791 hatte zu einer Verwüstung des Sübanats,
also des damaligen, dem Reich unmittelbar unterstehenden Gebietes der
sogenannten Militärgrenze geführt, die eine Neuansiedlung und Neugründung von
Dörfern erforderlich machte. Der Grundgedanke der Militärgrenze war nämlich,
durch Ansiedlung von Bauern, die gleichzeitig die Verpflichtung zum Grenzdienst
für eine bestimmte Zeit im Jahr übernehmen mußten, eine bodenständige
Grenzverteidigung zu schaffen und gleichzeitig die verwüsteten und zum Großteil
menschenleeren Gebiete urbar zu machen und zu kolonisieren. Daß die
Militärgrenze ihre Aufgaben glänzend erfüllt hat und mit ihren Einrichtungen
eine deutsch-österreichische Kulturleistung ersten Ranges war, wird in neuerer
Zeit allgemein anerkannt. Angesiedelt
wurden also Grenzer und Bauern mit
den sogenannten "Schwabenzügen", die schon zur Zeit der Kaiserin
Maria Theresia begannen. Waren zunächst nur Katholiken als Ansiedler
zugelassen, so ließ Kaiser Josef II. mit seinem Toleranzpatent von 1781 auch
die Ansiedlung von Evangelischen zu. Damit war der Weg frei vor allem für
Ansiedler aus dem evangelischen Südwesten Deutschlands, also von Württembergern
und Badenern. Das
Dorf Franzfeld, welches seinen Namen nach dem damaligen Kronprinzen und
späteren Kaiser Franz II. erhielt, (nachzulesen in der Verfügung von Kaiser Leopold
II. vom 20. Juli 1791), wurde speziell für evangelische Ansiedler errichtet und
zwar bei der ersten Ansiedlung 1792
mit Häusern für 100 Familien.
Allerdings waren die damaligen Familien Großfamilien, zu denen durchaus auch
mehrere Generationen und mehrere Ehepaare gehören konnten. Die Ansiedler, die
größtenteils schon 1791 angekommen und provisorisch in Nachbardörfern
untergebracht wurden, erhielten ihre Häuser, Grundstücke, Vieh und
Gerätschaften erst im Juni 1792 zugeteilt, womit die Gründung von Franzfeld
vollzogen war. Ihrer
Herkunft nach waren die überwiegende Zahl der ersten Ansiedler aus dem heutigen
Baden-Württemberg, und zwar ca. 40 % Württemberger, ca. 40 % Badener und ca. 10
% aus anderen Teilen Deutschlands und der Schweiz. So gesehen könnte man sagen,
daß Franzfeld eine Vorwegnahme des
"Südweststaates" Baden-Württemberg war, sowohl was die Menschen
als auch ihre wirtschaftlichen und kulturellen Leistungen betrifft. Im
Heimatbuch von 1982 sind die Ansiedlerfamilien auf dem neuesten Wissensstand
aufgeführt. Da ist nachzulesen, daß beispielsweise von den ersten 100
angesiedelten Familien allein 9 aus dem Dorf Schönaich, Kreis Böblingen,
mehrere aus Steinenbronn, Urach, Vaihingen/Enz, Marbach, Möhringen, Wiernsheim,
Merklingen, Langensteinbach, Derdingen, Riedlingen, Emmendingen, Gundelfingen,
Teningen stammten, alles Ortsnamen, die uns heute aus unserer jetzigen neuen
und alten Heimat vertraut sind. Auch
die 40 Familien, die bei der zweiten
Ansiedlung 1802 hinzukamen, waren im wesentlichen gleicher Herkunft. Daher
rührt es, daß wir von den anderen Völkern, die im Vielvölkerstaat
Österreich-Ungarn im Banat ebenso angesiedelt wurden, nur "Schwaben"
genannt wurden. Und deshalb ist es verständlich, daß so viele unserer
Franzfelder Landsleute nach der Vertreibung wieder in der "alten Heimat" Baden-Württemberg Fuß gefasst haben. Die
politische und wirtschaftliche Entwicklung von Franzfeld kann man in zwei oder
drei größere Abschnitte einteilen: Die Zeit der Militärgrenze 1792 - 1872), Die Zeit nach der Auflösung der
Militärgrenze, die in die Zeit der Zugehörigkeit zu
Ungarn (1872 - 1918) und die Zeit der Zugehörigkeit zum ehemaligen Jugoslawien
(1918 – 1945)eingeteilt werden kann. Die Zeit der Militärgrene Die
Ansiedler, die im Durchschnitt keineswegs arm waren, sondern teilweise über
erhebliche Geldmittel verfügten, wie aus den alten Akten hervorgeht, erhielten
zu Anfang Haus, Ackerland, Wiesen, Vieh und Gerätschaften vom damaligen Reich
zugeteilt, allerdings zu einem festgesetzten normalen Preis, der innerhalb
eines längeren Zeitraumes zurückbezahlt werden musste. Die Häuser waren im
wesentlichen aus Material der "Feldspitäler" des letzten
Türkenkrieges errichtet worden (siehe Heimatbuch 1982 Seiten 36 ff.). Sie
bestanden aus Zimmer, Kammer, Küche und Stall. Das
Land für eine "Session": 24 Joch (ca. 14 ha) Acker, 10 Joch (ca. 6
ha) Wiese, 1 Joch Garten, wurde steuerfrei für 10 Jahre zu Nutzeigentum
überlassen, wobei der Kaiser als Lehnsherr Obereigentümer blieb. Das Land wurde
als echtes "Militärlehen" angesehen, für dessen Überlassung die
sogenannten Grenzobliegenheiten, also der Grenzwachdienst für bestimmte Zeiten
im Jahr zu übernehmen waren. Eine
weitere Besonderheit war, daß die Grundstücke und Häuser nicht einer einzelnen
Person zu Eigentum überlassen wurden sondern an die sogenannten
"Hauskommunionen". Diese bestanden aus einer Großfamilie, die - wie
schon erwähnt- aus mehreren Generationen und aus mehreren Kleinfamilien
bestehen konnte. Diese Hauskommunionen hatten eine Organisationsform, die sich
teilweise an der altrömischen "familia", teilweise an der slawischen,
wohl der römischen familia nachgebildeten "zadruga" orientierte. An
der Spitze standen Hausvater und Hausmutter, die auch gegenüber erwachsenen
Mitgliedern Weisungsgewalt in Bezug auf "Religion, Sittlichkeit, Fleiß und
Einigkeit in der Kommunion" hatten, und die besondere Achtung und
unbedingten Gehorsam fordern konnten, deren Verletzung strafbar war. Dafür
versorgte jede Kommunion alle ihre Mitglieder, ob gesund oder krank, ob arbeitsfähig
oder nicht, in vollem Umfang. Das Vermögen gehörte allen männlichen Mitgliedern
zu gleichem Recht, doch wurde es vom Hausvater verwaltet. Grundstücke waren in
Stammgut und Überland eingeteilt. Stammgut durfte in keinem Falle veräußert
werden, Belastung und Verpfändung waren nur mit besonderer Genehmigung möglich.
Töchter, die aus der Kommunion ausheirateten, erhielten eine landesübliche
Ausstattung, aber nichts aus dem Vermögen. Kein Kommunionsmitglied konnte für
sich wirtschaften. Die Kommunion konnte nur mit besonderer Genehmigung geteilt
werden und nur in der Weise, daß eine neue Hauskommunion gebildet wurde, die
soviel Grundvermögen und mindestens so viele diensttaugliche Männer hatte, daß
jeweils einer ständig den Grenz- und Militärdienst leisten konnte. Während der
Grenz- und Militärdienstleistung mußte die Kommunion für Kleidung und
Verpflegung des Grenzers sorgen, aber auch seine Angehörigen versorgen. Die
Hauskommunion war somit die kleinste und zugleich wirksamste politische
Einheit, die einen Großteil der Aufgaben zu leisten hatte, die später reine
Staatsaufgaben wurden. Die
Grenzobliegenheiten, die jeder
Ansiedler übernehmen mußte, bestanden in einer unbegrenzten
Militärdienstpflicht, die später auf die Zeit vom 16. bis zum 60. Lebensjahr
beschränkt wurde. Außerdem hatte jeder nach Bedarf die Verpflichtung zu
öffentlicher Arbeit für Staat oder Gemeinde, die sogenannte Robot. Insbesondere
die Gemeindearbeit, die im wesentlichen Gemeinschaftshilfe für bedürftige
Gemeindeglieder war (z.B. Feldbestellung und Ernte bei kriegsabwesenden Männern
oder Krankheit, Wiederaufbau abgebrannter Häuser usw.) wurde als
Selbstverständlichkeit angesehen. Die
Verwaltung auch des zivilen Bereichs
lag allein in den Händen der Militärbehörden.
Unterste Behörde war die Kompanie, zu der ein oder mehrere Dörfer gehörten,
nächste das Regiment, dann das in Temesvar befindliche Generalkommando und
schließlich als oberste Behörde das k.k. Kriegsministerium in Wien. Franzfeld
gehörte zum deutsch-banater Grenzregiment Nr. 12 mit dem Stabsort Pantschowa. Die
Verwaltung war streng militärisch organisiert, ihre Aufsicht erstreckte sich
selbst auf den privaten Lebensbereich wie Kirchenbesuch, Sittlichkeit,
Sauberkeit, Feldbestellung usw. Die Selbstverwaltung durch den Ortsvorsteher
und Gemeindeausschuß war sehr beschränkt. Ohne die Kompanie, die auch die
Ortskasse in Verwahrung hatte, konnte kein Beschluß gefasst werden. Die Grenzer
waren in ihren wirtschaftlichen Möglichkeiten sehr beschränkt, sie mußten z.B.
Bauern bleiben und konnten ein Gewerbe nur erlernen, wenn sie nicht
kriegsdiensttauglich waren. Ein Universitätsstudium durften nur Katholiken
aufnehmen, wenn sie Geistliche wurden und sich verpflichteten, nach Abschluß
des Studiums wieder in die Grenze zurückzukehren. Unter
diesem strengen Regiment begann sich die Gemeinde nur sehr langsam zu
entwickeln. 1793, also im ersten Jahr nach der Ansiedlung gab es gleich eine
große Mißernte, die zu einer erheblichen Notlage führte und den Traum so
manches Ansiedlers vom besseren Leben zerstörte. Damals wanderte auch eine
Anzahl von Familien weiter in die heutige Ukraine und gründete dort nördlich
von Odessa ein Dorf, das sie ebenfalls Franzfeld nannten. Die näheren Umstände
dieser Weiterwanderung bedürfen noch der Erforschung. Dennoch hielten die meisten unserer Vorfahren aus, und es spricht
für ihre Zähigkeit und ihren Lebenswillen, daß sie bereits 1794 darauf
drängten, eine an sich in der Militärgrenze für jeden Ort vorgesehene Volksschule
zu erhalten. Franzfeld erhielt dann auch einen
Lehrer zugeteilt, der allerdings von
der Gemeinde bezahlt werden
mußte, und mit der Auflage, die mit 65 Schülern vorgesehen Schülerzahl
erheblich zu verringern. Gewaltige
Anstrengungen erforderte auch der Kirchenbau, nachdem der zunächst für den
Gottesdienst verwendete Bretterschuppen bereits nach wenigen Jahren so
baufällig war, daß der Gottesdienst dort nur noch bei gutem Wetter gefeiert
werden konnte. Während für katholische Kirchen Baukostenzuschüsse vom Staat
gewährt wurden, mußten die Evangelischen
ihre Kirchen auf eigene Kosten
erbauen. Da man vor 1918 keine Kirchensteuern kannte und jede Gemeinde auf sich
gestellt war, mußte das Geld durch Umlagen und Sammlungen im Ort selbst und in
der näheren und weiteren Umgebung aufgebracht werden. Hatte man im Laufe der
Zeit dann einiges Kapital zusammengebracht, wurde das Geld 1811 um 4/5
abgewertet, sodaß die gesamte Mühe nahezu umsonst gewesen war. Außerdem wurde
der Gemeinde auferlegt, von da an
ihren Pfarrer selbst zu besolden, was nur durch eine laufende Umlage, ähnlich einer
Kirchensteuer möglich war und die Opferfreudigkeit zugunsten des Kirchenbaues
auch nicht gerade erhöhte. Lobend ist noch zu erwähnen, daß die
griechisch-orthodoxe Kirchengemeinde des von Serben bewohnten Nachbarortes
Crepaja der Franzfelder Kirchengemeinde im Jahre 1814 eine Anleihe von 1500
Gulden gewährte, die dann die endgültige Finanzierung des Kirchenbaues
ermöglichte. Mit
dem Bau wurde 1814 begonnen, schon 1815
konnte die Kirche eingeweiht werden. 1817 wurden 4 Glocken
aufgezogen. Nach der Schlußabrechnung von 1819 hatte die Kirche 25.110 Gulden
gekostet, während für den Bau 26.164 Gulden bereitgestellt worden waren, sodaß
1000 Gulden sofort auf die erwähnte Anleihe zurückbezahlt wurden, der Rest mit
Zinsen bereits 1820. Hier zeigte sich wie in ähnlichen Fällen eine besondere
Eigenschaft der Franzfelder: sie waren gezwungen, etwas aus eigener Kraft zu
schaffen, sie schafften es auch und sie schafften es so, daß am Ende eher etwas
übrig blieb, als daß es zu wenig war. Die Beispiele lassen sich gerade im
Bereich der Kirche, für die unsere
Vorfahren willig viele Opfer
brachten, nahezu beliebig vermehren. 1829 ergab eine Umlage zur
Kirchenre-paratur 456 Gulden, die Reparatur kostete dann 377; im selben Jahr
erbrachte eine Sammlung für eine Orgel 934 Gulden, die Orgel kostete 870
Gulden; 1835 wurde eine Umlage für eine Kirchturmuhr gemacht und erbrachte 474
Gulden, die Uhr kostete 400, usw. Dieses
Bewußtsein, aus eigener Kraft die wesentlichsten Dinge schaffen zu müssen und
sie auch zu schaffen, hat die gesamte Lebenshaltung und das Selbstbewußtsein der Franzfelder bis
auf die heutigen Tage geprägt. Beispielhaft hierfür ist auch der Streit der
Gemeinde mit der Kirchenobrigkeit im Jahre 1874. Das Seniorat hatte allen
Gemeinden zur Pflicht gemacht, die kirchlichen Gebäude gegen Feuer zu
versichern. Franzfeld weigerte sich trotz vieler Ermahnungen mit der
Begründung, die Gebäude seien aus solidem Material, eine Feuersbrunst sei
hierorts selten und wenn die Gebäude je abbrennen sollten, sei man durchaus in
der Lage, sie aus eigenen Mitteln wieder aufzubauen. Dies war nicht nur die
schwäbische Sparsamkeit wegen der Versicherungsprämie sondern im wesentlichen
das Vertrauen in die eigene Kraft, das notwendige im richtigen Augenblick vollbringen
zu können. Nach
Überwindung der Anfangsschwierigkeiten wuchs die Gemeinde kräftig, was nicht
der Zuwanderung sondern einem starken Geburtenüberschuß zu verdanken war. Im
Jahre 1818 hatte die Gemeinde 1115 Einwohner, davon 565, also mehr als 50 %
unter 13 Jahren. Im Jahre 1836 waren es 1826 und im Jahre 1862 bereits 2665
Einwohner. Diese hatten sich bis zur 100-Jahrfeier 1892 auf 3657 vermehrt, bei
der Vertreibung 1945 waren es etwa 5400 Einwohner, die zu rund 95 % deutsch und evangelisch waren. Nach
der Revolution 1848/49 wurden die Beschränkungen der Militärgrenzgesetze nach
und nach gelockert, ein kräftiger wirtschaftlicher und kultureller Aufschwung
kam aber erst nach gänzlicher Auflösung
der Militärgrenz im Jahre 1872,
wenngleich die Einverleibung der Militärgrenze in den Teilstaat Ungarn wegen
des übersteigerten ungarischen Nationalismus, der die
"Magyarisierung" aller angeblichen "Gastvölker" zum Ziel
hatte, neue Sorgen und Schwierigkeiten brachte. Die Anzahl der Schulklassen
nahm schnell zu, bereits 1883 hatte die Gemeinde 6 Schulgebäude und die
entsprechenden Lehrer. Die Schulen blieben zunächst Gemeindeschulen, wurden
aber schon 1883 teilweise und 1900 vollkommen verstaatlicht. Ungarisch mu0te
nach Auflösung der Militärgrenze sofort als Pflichtfach unterrichtet werden und
wurde später zur vollen Unterrichtssprache, während Deutsch nur in 3
Wochenstunden unterrichtet werden durfte. Nachdem der damalige Franzfelder
Pfarrer Bohusch 1906 zum Abgeordneten des ungarischen Parlaments gewählt worden
war, setzte er es durch, daß 5 Wochenstunden Deutsch gelehrt werden durften,
was die Lehrer allerdings ohne besonderes Entgelt zusätzlich tun mußten und
offenbar auch gerne taten. Vereine durften in der Militärgrenze nicht gegründet werden.
Nach der Auflösung der Militärgrenze setzte jedoch sofort ein reges
Vereinsleben ein. Schon 1871 wurde ein Leseverein
gegründet, der sich um die Fortbildung der Franzfelder Bürger bemühte und
zuletzt über 1000 Buchbände hatte, die eifrig gelesen wurden. Nach einigen
früheren Versuchen wurde 1885 ein
Männergesangverein gegründet, der bis zuletzt bestand und jährlich 2
Pflichtkonzerte und 2 andere Konzerte aufzuführen hatte. Seit 1880 bestand ein Rote-Kreuz-Verein, 1890 wurde ein Freiwilliger Feuerwehrverein gegründet,
der mit finanzieller Unterstützung der Gemeinde bestens ausgerüstet wurde und
bei Schadenfeuern vorbildliches leistete. In diesem Zusammenhang muß aber auch
die unbedingte Nachbarschaftshilfe hervorgehoben
werden, die insbesondere bei der Löschung von Bränden, aber auch beim
Wiederaufbau abgebrannter Häuser als Selbstverständlichkeit angesehen wurde. Der
vor dem 1. Weltkrieg gegründete Bauernverein
bemühte sich um zentralen Einkauf und Verkauf landwirtschaftlicher Produkte und
Bedarfsartikel sowie um die fachliche Fortbildung. Seine Aufgaben wurden später
von der in Neusatz sitzenden Zentralgenossenschaft "AGRARIA"
übernommen, die in jedem Ort mit deutschen Bewohnern Zweiggenossenschaften
unterhielt. Sie war nach Art der deutschen Raiffeisengenossenschaften
organisiert und betrieb u.a. auch eine Zentraldarlehenskasse. Die Ortsgruppe
des Schwäbisch-Deutschen Kulturbundes
bemühte sich nach dem 1. Weltkrieg um Hebung und Förderung des deutschen
Kulturgutes. Schließlich gab es in den 20er Jahren einen Tennisklub. Seit den 20er Jahren bis zum 2. Weltkrieg entfaltete
der Fußballklub "Rapid"
auf dem Sportgelände, das von der Gemeinde kostenlos zur Verfügung gestellt
worden war, eine rege Spieltätigkeit. Auch
Handel, Gewerbe und Verkehr nahmen
nach Wegfall der Beschränkungen des Militärgrenzgesetzes erheblichen
Aufschwung. Bestand bis 1854 nur ein einziges Krämergeschäft, so waren es 1944
insgesamt 26 Geschäfte aller Art, die nahezu den gesamten örtlichen Bedarf an
Waren, Fahrzeugen, Maschinen usw. decken konnten. Auch die Handwerksbetriebe
nahmen so zu, daß sie sogar von Bewohnern anderer Orte in größerem Umfang in
Anspruch genommen wurden. Seit 1884 bestand eine Gewerbekorporation, die als örtliches Selbstverwaltungsorgan
behördliche Rechte ausübte. Seit
1871 bestand eine Dampfmühle, die nach ersten
Anlaufschwierigkeiten solchen Erfolg hatte, daß die früher vorhandenen
Roßmühlen nach und nach verschwanden. 1923
kam eine Motormühle hinzu. Beide
Mühlen hatten eine Tageskapazität von 30 Tonnen Getreidemehl, was bei der sehr
erfolgreich betriebenen Landwirtschaft auch erforderlich war. Außerdem
gab es 1944 eine große Schlosserei und
Eisengießerei, eine Schuhfabrik, eine Kammfabrik, einen Mühleneinrichtungsbetrieb und eine Tuch- und Wolldeckenfabrik. Ab
1872 bestand eine Gemeindeapotheke. Anfangs der 20er
Jahre wurde nach mehreren seit der Jahrhundertwende unternommenen vergeblichen
Versuchen die allgemeine Elektrizitätsversorgung
eingeführt, später bestand auch ein Kino.
1873 wurde eine Poststelle eröffnet,
der Telefon- und Telegrammverkehr wurde noch in den 1890er Jahren eingeführt.
Ebenfalls in den 1890er Jahren wurde die Bahnlinie
Groß-Betschkerek - Pantschowa gebaut. Die ursprünglichen Pläne sahen eine
gerade Streckenführung ca. 5 - 6 km von
Franzfeld entfernt vor. In zähen Verhandlungen und durch Ankauf von
Eisenbahnaktien gelang es den Franzfeldern jedoch, eine Änderung durchzusetzen,
wonach die Bahn jetzt in einem Knick unmittelbar an den Ort herangeführt wurde;
ein Beispiel für wirtschaftlichen
Weitblick, wie man es in jener Zeit nicht überall antraf. Den Ausbau der
rund 4 km langen, bei Regen völlig grundlosen und fast unbefahrbaren Anschlußstraße zur Landstraße erreichte die Gemeinde in
derselben Zeit dadurch, daá sie der Bezirksstadtverwaltung die Kosten vorschoß,
die sie erst nach einigen Jahren wieder zurückerhielt. Seit
1886 bestand eine Gemeindesparkasse,
bei der die Gemeinde als Korporation fr alle Einlagen haftete. Nach
Auflösung der Hauskommunionen übernahm die Gemeinde auch das damals so genannte
Armenwesen. Es wurde ein Armenfonds
gebildet, aus dem an Bedürftige regelmäßige oder zeitweilige Unterstützungen
gewährt wurden. Zusammen mit dem von der Kirche 1883 gegründeten Luther-Fonds wurden auch regelmäßig zu
Weihnachten bedürftige Schulkinder beschenkt. Im neuen Feuerwehrhaus wurden
Räume für alte und arbeitsunfähige Leute errichtet, die von der Gemeinde
befürsorgt wurden. Auch die Verwaltung des Waisenvermögens und deren
persönliche Angelegenheiten übernahm die Gemeinde 1883 in eigene Hände, da man
mit der seitherigen staatlichen Verwaltung nicht zufrieden war. Sie wurde von
einem "Waisenvater" durchgeführt, wonach es dann keine Anstände mehr
gab. Die
Wirtschaftskraft und der Unternehmungsgeist der Franzfelder wird auch in der
Gründung der Gemeinde Franzjosefsfeld in Bosnien deutlich. Nachdem Bosnien 1878
von Österreich-Ungarn okkupiert worden war, fanden sich 51 Franzfelder Familien
zusammen, die im Jahre 1885 ohne irgendeine staatliche Unterstützung in der
Nähe der Stadt Bjelina Grund und Boden aufkauften, 1886 ein Dorf auf eigene
Kosten errichteten und dorthin auswanderten. Dieses Dorf, das zunächst eine
Filiale der Franzfelder Kirchengemeinde war, entwickelte sich sehr schnell zu
einer Musterortschaft, die schon 1890 einen eigenen Pfarrer unterhalten konnte. In
der Zeit der Zugehörigkeit zum
Königreich Jugoslawien von 1919 bis 1944 änderte sich an den äußeren
wirtschaftlichen Verhältnissen nicht sehr viel. Der wirtschaftliche Aufschwung
nahm bei der weiterhin recht liberalen Wirt-schaftsordnung seinen Fortgang,
zumal sich die überwiegend landwirtschaftliche Erwerbstätigkeit der Franzfelder
als krisenfest erwies. Die
bestehende sechsklassige Volksschule wurde jetzt jugoslawische Staatsschule,
die Lehrer waren Staatsbeamte, und als solche wurden Serben bevorzugt. Es gab
mancherlei Schwierigkeiten mit Lehrern, die nur mangelhaft deutsch sprachen,
doch wurde weitgehend von den alten Lehrern wieder in deutscher Sprache
unterrichtet. Deutsche Schulbücher verfasste der Franzfelder Lehrer Lemle, mußte
sie allerdings unter dem Namen eines Serben herausgeben, der kein Wort deutsch
konnte. In den 30er Jahren war Deutsch uneingeschränkt Unterrichtssprache,
serbisch wurde ab der dritten Volksschulklasse als Fremdsprache gelehrt. Blicken
wir auf Franzfeld in den letzten
Jahren vor 1944, so ergibt sich das
Bild einer wirtschaftlich blühenden
Gemeinde, die alle Aufgaben eines Gemeinwesens einschließlich der sozialen
Fürsorgeleistungen aus eigener Kraft und in eigener Verantwortung bewältigte.
Wie sehr die Wirtschaftskraft ausstrahlte, wird auch dadurch deutlich, daß die
Franzfelder außer den Grundstücken auf eigener Markung noch einmal die Hälfte
davon auf fremder Markung aufgekauft hatten und bewirtschafteten, und daß in
nicht weniger als 16 Gemeinden des Banats der wichtigste Industriezweig, die
Mühlen, im Eigentum von Franzfeldern standen. Wurden
bisher die Franzfelder als fleißige und strebsame Leute beschrieben, die es
allein und gemeinsam zu Wohlstand und Ansehen gebracht hatten, so darf nicht
unerwähnt bleiben, daß sie es auch verstanden, mit derselben Intensität, mit
der sie ihrer Arbeit nachgingen, Feste
zu feiern. Solche waren vor allem Taufen,
Konfirmation, Hochzeiten, das Kirchweihfest und die allgemeinen
Tanzunter-haltungen. Es würde den Rahmen dieser Schrift sprengen, die dabei
angewandten oft altüberkommenen Bräuche zu beschreiben. Nur beispielsweise sei
erwähnt, daß zu Zeiten der Militärtgrenze die Militärbehörde mehrfach anordnen
mußte, daß Hochzeiten nicht an zwei sondern nur an einem Tag gefeiert werden
dürften. Zu den Hochzeiten wurden oft Verwandte und Bekannte in großer Zahl
eingeladen, es kam vor daß bei Hochzeiten 1 Rind, 4 Schweine, 20 bis 30 Gänse,
20 Hühner, 20 bis 30 große Laib Brot und 300 Liter Wein verzehrt wurden. Bereits
in der zum 100-jährigen Jubiläum von Franzfeld 1892 verfassten Geschichte
berichtet der damalige Pfarrer, daß Tanzveranstaltungen sehr häufig seien, daß
aber der "sittliche Zustand" im allgemeinen zufriedenstellend sei,
Diebstähle und Raufereien nur selten vorkämen, die Eheleute mit wenigen Ausnahmen in
Frieden lebten und überall Gastfreundschaft,
Ordnung und Reinlichkeitsliebe anzutreffen seien. Daran hat sich auch bis
zuletzt nichts geändert, wobei noch erwähnt werden soll, daß man keine
Ehescheidungen kannte, wiewohl solche gesetzlich möglich gewesen wären. All
dies nahm mit dem Einmarsch der Sowjetarmee im Oktober 1944 und der Übernahme
der Regierungsgewalt durch die Tito-Partisanen ein jähes Ende. In einem in der
neueren Europäischen Geschichte einmaligen Dekret wurden allen Bürgern
Jugoslawiens, die deutscher Nationalität waren, sämtliche Bürgerrechte
entzogen, sie konnten keinerlei Gerichte oder Behörden zu ihrem Schutz anrufen,
waren also "vogelfrei" und damit jeglicher Willkür von Einzelpersonen
der neuen Machthaber unterworfen. Darüberhinaus wurde ihr sämtliches Vermögen
enteignet. Wer nicht geflohen war - die meisten Franzfelder waren im
Bewußtsein, nichts unrechtes getan zu haben, daheim geblieben - wurde von Haus
und Hof vertrieben und in ein Lager gesperrt. Dazu waren in Franzfeld eine
Reihe von Häusern ausersehen worden, in denen die gesamte Bevölkerung zunächst
zusammengepfercht und unter demütigenden Verhältnissen zur Arbeit auf den
ehemals eigenen Feldern gezwungen wurde. Viele junge Frauen wurden in die
Sowjetunion verschleppt, wo sie ebenfalls unter unwürdigen Bedingungen schwere
Arbeiten verrichten mußten, was eine ganze Reihe von ihnen nicht überlebte.
Kinder, Alte und nicht arbeisfähige kamen in Vernichtungslager wie Rudolfsgnad
(Knicanin) oder Gakovo, wo Hunger und Krankheiten viele dahinrafften. 15
Franzfelder Männer und Frauen, darunter ein 17-jähriges Mädchen wurden von den
Partisanen verschleppt und ermordet. Später
wurden Lager offenbar bewußt in der Nähe der rumänischen und ungarischen Grenze
errichtet, um die Insassen zur Flucht zu bewegen. Eine offizielle Ausweisung
war nämlich nach den Verträgen von Jalta für Jugoslawien nicht vorgesehen
gewesen. Viele flohen unter teilweise abenteuerlichen Umständen mit Fußmärschen
von mehreren Wochen über Rumänien und Ungarn zunächst nach Österreich und oft
weiter nach Deutschland. Hier fanden sie zusammen mit den Überlebenden der
Partisanenkämpfe von der Division "Prinz Eugen" eine neue Heimat, die in Baden-Württemberg mit der "alten
Heimat" von der die Vorfahren ausgewandert waren, wieder übereinstimmte.
Ein Teil wanderte auch weiter, z.T. bis nach Übersee. Wo die Franzfelder sich
auch nach diesen bitteren Erfahrungen niederließen, haben sie sich mit ihrer
Tatkraft ihrem Mut und ihrem Unternehmungsgeist sehr bald in die Verhältnisse
eingefunden und nahezu überall wirtschaftliche und persönliche Erfolge erzielt.
Zurückgeblieben
sind etwa 1200 Franzfelder die in den Lagern oder sonst als Zivilpersonen durch
Kriegseinwirkung starben, und etwa 800, die als Soldaten fielen oder vermißt
sind. Im Franzfelder Heimatgeschichtsbuch von 1982 sind allein namentlich 512
Gefallene oder Vermißte und 812 Zivilopfer aufgefhrt. Bei der Schwierigkeit,
solche namentlichen Daten zu ermitteln, dürften die geschätzten Zahlen 1200 und
800 sicher den tatsächlichen Zahlen sehr nahe kommen. Das
Dorf wurde mit "Kolonisten" aus Südserbien und Bosnien besiedelt, die
auch von den Serben und anderen Völkern in den Nachbardörfern lange als
Fremdkörper betrachtet wurden. In der Festschrift zur 175-Jahrferier aus dem
Jahre 1967 ist hierzu noch folgendes ausgeführt: "Welches
Ansehen sie sich in über 120 Jahren erworben haben, wird an dem kürzlichen
Ausspruch eines nichtdeutschen Bewohners aus der Umgegend deutlich:
"Franzfeld war früher das schönste und sauberste Dorf der Banates, heute
ist es das dreckigste". Wer in den letzten Jahren einen persönlichen
Besuch in Franzfeld gemacht hat, wird bestätigen, daß dem nichts hinzuzufügen
ist. Der Kirchturm ist abgebrochen, die Kirche rot gestrichen und zum Kino
entweiht, der Park ausgedörrt und verwahrlost die Straßen mit Gras bewachsen
und voll tief eingeschnittener Geleise, von dem traurigen Aussehen der Häuser
und den beschämenden Verhältnissen auf dem Friedhof nicht zu reden. In
diesen Verhältnissen hat sich anscheinend in den vergangenen 25 Jahren einiges
am äußeren Zustand gebessert, insbesondere wurden die Straßen teilweise
geteert, auch haben einige "Kolonisten" manches an den Häusern
verbessert oder sogar neu gebaut. Der Friedhof mit unseren teuren Toten ist
jedoch nach wie vor in einem beklagenswerten Zustand. All dies kann jedoch
nichts mehr daran ändern, daß es unser schwäbisch-deutsches Franzfeld nicht
mehr gibt. Allerdings gibt es immer noch die Franzfelder und ihre in der neuen
Heimat geborenen Nachkommen, die sich nicht lange damit abgaben, ihr Schicksal
zu beklagen und Schuldige zu suchen, sondern in ihrer neuen Umgebung im alten
Geist die oft neuartigen Aufgaben anpackten und es dadurch in großer Zahl
wieder zu Wohlstand und Ansehen brachten, wo immer sie auch leben. Sie haben
damit bewiesen, daß sie den Franzfelder Wahlspruch, angebracht auf der
Gedenktafel am Rathaus zum 100-jährigen Bestehen von Franzfeld nicht vergessen
haben. Dort hieß es: Diese
Gedenktafel, durch die Gemeinde zur Erinnerung hier angebracht, möge auch die
Nachkommen daran erinnern, daß: Fleiß
Redlichkeit und Glaube Erhoben uns
vom Staube. Dr.
Michael Lieb (zur
Verfügung gestellt am 13.November 2005 – per E-Mail) |